Es kommt eher selten vor, dass ein Partner sich bei Übernahme eines neuen Mandats den Tatbestand, um den es gehen soll, erst einmal selbst durchlesen muss. Wenn doch, wird es auf jeden Fall interessant; so auch hier: Der Mandant, ein Bundestagsabgeordneter, wurde verdächtigt, ein Mitglied eines Verfassungsorgans genötigt zu haben. Der Schleswig-Holsteinische Innenminister Breitner hatte sich mit Schreiben vom 1.10.2013 an den Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein gewandt. Angeblich sei auf ihn als Landesminister von dem Mandanten und dessen Ehefrau, die zu diesem Zeitpunkt Bürgermeisterin der Stadt Kiel war, Druck ausgeübt worden. Aus Sicht des Innenministeriums kam eine Strafbarkeit nach § 106 Abs. 1 StGB in Betracht. Der Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein hatte die Sache zunächst zuständigkeitshalber an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe abgegeben. Der Generalbundesanwalt hatte die Akte dann gemäß einem Staatsvertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg an die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg weitergereicht. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat umstandslos die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt. Von den in § 106 StGB genannten Personen „könne und müsse aufgrund ihrer besonderen Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit erwartet werden, dass sie auch im Rahmen politischer Auseinandersetzungen Drucksituationen standhalten“. Also hätte auch Herr Minister Breitner der von ihm empfundenen Drucksituation standhalten müssen. Dass er dies nicht tat, sondern meinte, die Staatsanwaltschaft einschalten zu müssen, ist aus Sicht des Verteidigers Rechtsanwalt Gubitz völlig unverständlich.

So mussten sich zwei Generalstaatsanwaltschaften und die Bundesanwaltschaft mit der Sache beschäftigen, obwohl von vornherein klar war, dass nicht einmal ein Anfangsverdacht bestand.